Inhalte & Lernziele:
Vorbemerkung:
Unternehmerisches Handeln ist in der Volkswirtschaftslehre, dort besonders in der Wettbewerbspolitik, und in der Betriebswirtschaftslehre geprägt von Überlegungen, wie der Markt den Selektionsprozess regelt und wie ein Unternehmen aus sich selbst heraus kompetitiv zu anderen Unternehmen sein kann. Beiden Wissenschaftsdisziplinen gemein ist die marktwirtschaftliche Sichtweise, d.h. die rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen werden in „überschaubarem Umfang“ extern gesetzt und der Markt regelt den Selektionsprozess.
Diese Sichtweise ist für das heutige Handelsmanagement von Unternehmen, die eine gewisse Umsatzgröße überschreiten, nicht mehr hinreichend. Die Sichtbarkeit unternehmerischen Handelns sowie die Kontrollwünsche der Legislative sind derart ausgeprägt, dass es viele weitere Themen im täglichen Alltag des Handelsmanagements gibt, die beachtet werden müssen. Diese Themen haben dabei mitunter eine enorme Bedeutung (z.B. Kennzeichnungspflichten von Lebensmitteln, Hygienevorschriften, Anliefervorschriften mit Anwohnerschutzregelungen, Elektroschrottverordnungen, Rücknahme von Einwegpfandflaschen, Rücknahmeverpflichtungen von Retouren im Internethandel), denn die Regelungswünsche der Gesellschaft, die das Makro-System von Handelsunternehmen betreffen, betreffen die Ausgestaltung der Wertschöpfungskette eines Handelsunternehmen. Darüber hinaus kommt der Ausgestaltung der Regelungen eine besondere wettbewerbsrelative Wirkung zu. Es ist mitunter so, dass die gesellschaftspolitischen Diskussionen die Unternehmen in unterschiedlicher Härte treffen, so dass sich der Wettbewerb auch darauf richtet, wie politische Willensbildung das eigene Unternehmen schützt und bestenfalls die Konkurrenz belastet.
| Anforderungen an Handelsunternehmen an die Eigenorganisation aufgrund von externen Stakeholdern sowie deren praktischen Implikationen:
Zunächst werden die Herausforderungen an das Management, in besonderen Maße Aktiengesellschaften betreffend, skizziert. Es werden unter dem Rubrum „Corporate Governance“ zunehmend Regeln guter Unternehmensführung eingefordert, die von der Offenlegung der Gehälter von Vorstandsmitgliedern, über die Trennung von Funktionsbereichen zwischen Mitgliedern des Top-Managements bis hin zu Auswirkungen auf das Rechnungswesen reichen (z.B. Nachhaltigkeitsberichte im Rahmen des Jahresabschlusses).
Eng verbunden mit den Corporate Governance-Anforderungen wird unter Compliance die Einhaltung von sämtlichen gesetzlichen sowie selbstauferlegten Regeln in Unternehmen eingefordert. Das Compliance-Managementsystem ist ein Teilbereich des Risikomanagementsystems. Das Risikomanagement ist gesetzlich geboten und bildet einen Pflichtbestandteil des modernen Rechnungswesens. Das Compliance-Managementsystem ist insbesondere für Handelsunternehmen eine Herausforderung, da es einen Formalismus mit sich bringt, der Handelsunternehmen i.d.R. nicht zu Eigen ist. Aufgrund der Vorkommnisse in den letzten Jahren (Untreue, kartellrechtliche Verstöße, etc.) ist es heute unabdingbar, ein Compliance-Managementsystem aufzubauen. Hierzu gehören Verhaltenskodizes, die den Umgang mit Lieferanten, die Einhaltung von kartellrechtlichen Bedingungen oder die Einhaltung von Verhaltensregeln in den Filialen der Unternehmen regeln, um die Betriebstypenmarke zu schützen.
Die Anforderungen der Gesellschaft insgesamt an Corporate Governance und Compliance-Themen nehmen aktuell stark zu, denn die Geheimhaltungsorientierung, die in Handelsunternehmen Tradition hat, steht in der Kritik. Dies betrifft Fragen der Qualität der Produkte, der Herstellungsbedingungen, der Nachhaltigkeit, etc. Es wird zunächst aufgezeigt, aus welchen unterschiedlichen Bereichen Anforderungen an Handelsunternehmen gestellt werden, welche Relevanz diese für die unterschiedlichen Typen von Handelsunternehmen haben und welche praktischen Konsequenzen aus einer stärkeren oder geringeren Berücksichtigung dieser Anforderungen einhergehen.
Praxisbezug: Juristischer Fachpraxisvortrag zur Bedeutung von Corporate Governance und Compliance für die Unternehmen.
| Unternehmenskommunikation
Während sich der erste Teil des Moduls stark mit den externen Anforderungen Rechnung tragenden Aktivitäten in Handelsunternehmen auseinandersetzt, soll im zweiten Teil entfaltet werden, was die Unternehmenskommunikation in Handelsunternehmen ausmacht. Dabei soll zwischen einer Kommunikation nach innen und einer an externe Dritte ausgerichteten Kommunikation q. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Informations- und Wissensgesellschaft für die Art und Weise der Kommunikation von Unternehmen spielen dabei auch zunehmend Social Media-Aspekte eine Rolle.
Gegenstand der internen Unternehmenskommunikation sind die Aspekte, wie Mitarbeiter über Unternehmensbelange informiert werden und dies im Kontext von Corporate Identity und Unternehmenskultur konsistent erfolgen kann (Mitarbeiterzeitschriften, Intranet, Veranstaltungen, etc.).
Bestandteil der externen Unternehmenskommunikation sind u.a. die Presse- und Medien-arbeit, die Medienbeobachtung, die Gestaltung von Veröffentlichungen (Kundenzeitschriften, Geschäftsberichte, Presseinformationen, Unterlagen für Mandatsträger, etc.) sowie die Organisation von Pressekonferenzen und Hauptversammlungen.
Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Ausgestaltung der Sprache in Abhängigkeit vom gewählten Kommunikationsinstrument gelegt. Wie ist unsere Sprache anzupassen, wenn im Internet, per Facebook oder Twitter kommuniziert wird oder schriftliche Presseveröffentlichungen verfasst werden?
Ferner ist zu beobachten, dass zunehmend Informationskonsumtion ohne umfassende Reflektion des Inhalts stattfindet. Worin besteht die Kommunikation, die ein Unternehmen mit externen Dritten unterhalten muss, wenn die Kommunikation etwa über Facebook und Twitter erfolgt? Wie ist eine konsistente Kommunikation via Facebook und Internet sicherzustellen? Wie ist überhaupt sprachlich zu kommunizieren (was ist eine zeit- und adressatengerechte Sprache?). Welche Rolle spielt die Aktualität des Contents einer Internetseite. Wie ist die Betriebstypenmarke in einer Informationsgesellschaft zu schützen, in der Kunden per Youtube nationale Bekanntheit erlangen können, wenn sie gut in Szene gesetzte Bewertungen von Eigenmarken oder Einkaufsstätten im Netz bereitstellen?
Praxisbezug: Praxisvortrag (etwa PR-Verantwortliche eines Handelsunternehmens) mit Aufgabenbeschreibung, der Organisation der Kommunikationsfunktion, des Agenda Setting und Issue Management in der PR und deren Bedeutung für Unternehmen einerseits und im Handelsmanagement andererseits
| Lobbyarbeit
Eng verbunden mit den Aufgaben der Unternehmenskommunikation ist die Lobbyarbeit, die den dritten Teil des Moduls bildet. Einige Autoren verstehen unter Public Affairs einen Teilbereich der Unternehmenskommunikation, an dieser Stelle wird aber Lobbyarbeit als eigenständiger Bereich deklariert. Politische Willensbildungsprozesse sind für alle Handelsunternehmen von großer Bedeutung, denn ob es verbraucherpolitische Bewegungen, ökologische Anforderungen, Gewerkschaftsforderungen oder auch wettbewerbspolitische Annahmen sind: Die Politik kann sich keine eigene Meinung bilden, ohne diejenigen, die die Wirklichkeit des Handels kennen, zu Wort kommen zu lassen. Handelsunternehmen haben seit Jahrzehnten in Deutschland einen schlechten Ruf, was sich auch in den negativen Bewertungen beim Arbeitgebermarkenranking niederschlägt. Allerdings haben die Handelsunternehmen und ihre Verbände seit Jahrzehnten den Zugang zur Politik und zur Presse nicht in gleichem Maße realisiert, wie etwa Unternehmen der Konsumgüterindustrie.
Es wird zunächst auf die politische Willensbildung im Sinne der Neuen Politischen Ökonomie eingegangen, um eine Basis für das Verständnis des Staatssystems zu schaffen.
Aufbauend auf diesem Grundverständnis wird die Verbandskultur in Deutschland im Allgemeinen und die Verbände für Handelsunternehmen im speziellen entfaltet. Zum besseren Verständnis wird an dieser Stelle auch mit weiteren Experten aus dem politischen Berlin gearbeitet, die im HDE, im EHI, im ZGV, etc. über langjährige Erfahrungen in diesem Umfeld verfügen.
Im dritten Teil der Lobbyarbeit wird aufgezeigt, was ein professionelles Lobbymanagement ausmacht. Welche externen Unternehmen helfen bei der unternehmensspezifischen Lobbyarbeit? Wie kommt man in Kontakt mit der Politik? Wie ist das Verhältnis im politischen System in Deutschland herzustellen und zu pflegen?
Praxisbezug: Eine Einführung in die für Handelsunternehmen relevante Verbände und Erfahrungsberichte aus der deutschen Handels- und Politikpraxis von Geschäftsführern namhafter Interessenverbände des deutschen Handels.